Mittwoch, 15. April 2015

Was sie in Malaysia besser machen

Eigentlich mag ich keine Leute, welche aus dem Ausland zurückkommen um dann in der Schweiz zu motzen, was hier alles schlecht ist - und dabei vergessen, dass sie ja reicher Tourist waren und dass das Leben in der Heimat als Arbeitnehmer halt anders verläuft. Ich versuche also, meine Beobachtungen objektiv zu formulieren...


Super ist die WLAN-Verfügbarkeit. Jedes noch so kleine Kaffeehaus, Restaurant oder Pub bietet ein WLAN an. Das Passwort kann man beim Personal erfragen oder aber es hängt ein Zettel an der Wand. Sich anmelden oder zu authentifizieren braucht man nicht, auch kann man unbeschränkt lange im Netz bleiben.

Nicht eindeutig besser aber doch beachtenswert finde ich den Verkehr. Wir fuhren 6 h durch eine Hauptverkehrsachse quer duch den Dschungel. Dabei war die Strasse stets perfekt asphaltiert, beschildert und abgesichert. Nur an wenigen Stellen wurde repariert (wo Hochwasser ein Teil der Strasse wegspülte), was zumindest subjektiv befunden in der Schweiz öfters der Fall ist. Autofahren tun die Malaien dann aber sehr schlecht. Geblinkt wird in der Stadt nie, was es bei den zahlreichen Kreuzungen spannend macht. Anscheinend gäbe es durchaus Geschwindigkeitsbegrenzungen, welche für die Autofahren aber nicht wichtig seien. In 3 von 4 Autos in denen wir mitfuhren, war der Tachometer dann auch defekt(!). Dennoch fahren die Malaien sehr relaxt, auch wenn einige auf Überlandfahrten zu kreativen Überholmanövern neigen. Gehupt wird kaum und niemand drängelt (ausser die Ausländer). Interessant fand ich die Lichtsignale in der Stadt: Das grüne Männchen ist hier animiert, es bewegt sich extrem lässig schlurfend vorwärts. 

Gerade einmal wurde ich von einem Kind angebettelt. Sonst bemerkte ich keine Bettler und wurde nie angesprochen. In Zürich ist dies für mich viel sichtbarer. Bettlen sei gar nicht verboten, erfuhr ich, aber die Malaien seien starke Familienmenschen und würden sich gegenseitig helfen. Nur illegale Einwanderer müssten betteln, da die vom Staat absolut nichts bekämen. Die Strafen für Drogenkonsum sind drakonisch, darum wohl sieht man hiervon auch nichts. Anderseits rauchen hier fast alle Männer und das auch stark.

Auch wenn es in den Medien anders klingt und ich von einigen Einheimischen indirekt oder zwischen den Zeilen anderes interpretieren konnte, scheint hier Toleranz besser gelebt zu werden. Malaysia ist ein muslimisches Land, dennoch sah ich hier sehr viele katholische Kirchen und Schulen. In den Büros und Läden arbeiten sehr viele Frauen. Obwohl hier Frauen und Männer auch oft zusammen gesehen werden, fiel mir doch auf, dass es Büros gibt, in denen nur Frauen waren (z.B. bei der Sabah Foundation) und Orte, an denen nur Männer zu sehen waren (z.B. beim Bootsausflug mit Schnorcheln).  Viele Frauen tragen Kopftücher, aber es sind oftmals diese, welche am besten Englisch können und am meisten mit uns Touristen sprechen. Andere - inbesondere chinesische Touristinnen - sind sehr modisch und knapp bekleidet, aber das scheint gut nebeneinander exisitieren zu können. Gerade in Hinblick auf die Emotionen bezüglich Kopftuch in der Schweiz zeigt mir Sabah, dass dieses überhaupt nicht zu einem "Verstecken vor der Gesellschaft" führt.



Ich möchte noch Einiges auflisten, was ich mir im Vorfeld schlimmer vorstellte und von dem ich positiv überrascht war:

Wir waren am (wahrscheinlichen) Ende einer Trockenzeit in Sabah. Deswegen gab es sehr wenige Mücken. Tatsächlich sah ich gerade mal zwei Moskitos und wurde während der ganzen Zeit von keinem einzigen Tier gestochen oder gebissen.

Ich passte sehr gut auf und trank nie Hahnenwasser und mied Meeresfrüchte direkt vom Stand und schälte alle Früchte (v.a. die importierten und für uns gewöhnlichen Äpfel, die wir aber ständig im Lunch beigesetzt bekamen). Dennoch probierte ich einiges aus, bekam aber nie Probleme mit der Verdauung. Die Hygiene wird hier hoch gehalten. Auch im tiefsten Dschungel wurde Wasser immer abgekocht und erst dann bereitgestellt. Wasser gibt es im Regenwald im Überfluss; es wird hier in Regentonnen gesammelt und durch die starken täglichen Regenfälle ständig von selbst erneuert.

Da Muslime den Hintern mit Wasser reinigen, sind hier überall westliche Toiletten und ein Wasserschlauch daneben zu finden. Echte Toiletten sind also stets vorhanden und sauber, und das sogar vor unserer Hütte beim Mount Kinabalu auf über 3000 m. Ü. M! Nur das eigene Toilettenpapier muss man mitnehmen, da im Dschungel natürlich nicht ständig jemand die Rollen erneuert.

Die Malaien würde ich als "zurückhaltend freundlich" bezeichnen, was mir sehr gut gefiel. Obwohl wir als Westler auffielen, wurden wir nie besonders beachtet oder angequatscht. Wenn wir aber jemanden fragten, wurde immer höflich geantwortet und geholfen, manchmal dann auch geplaudert und gewitzelt. Absolut nie hatte ich das Gefühl, dass mich ein Einheimischer über den Tisch ziehen wolle oder mir etwas vorspielte. Tatsächlich seien die Preise am Markt für die Einheimischen bis zu 4x tiefer, da sie aber viel weniger verdienen und es für uns immer noch sehr attraktive Preise sind, halte ich das für mehr als legitim.

Ausser einmal, als wir Schaffleisch bekamen das von Knochensplittern nur so durchzogen war (wir vermuteten, dass das Schaf in einen Mähdrescher kam) war das Essen vorzüglich. Fast immer gab es Reis und/oder Nudeln mit mehreren Saucen mit gekochtem Gemüse, Fleisch (v.a. Huhn), Fisch oder Meeresfrüchten. Manchmal ass ich auch Eintöpfe mit Kartoffeln und Gemüse. Einmal bestellte ich ein westliches Menu mit Steak und Pommes Frites, was dann aber auch asiatisch gewürzt war - und eine echte Verbesserung bedeutete.

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